Sonntag, 10. Januar 2016

Das Familienbrett - Eine Anleitung

Kurz erklärt:

Das Familienbrett

Es folgt eine praxistaugliche Zusammenfassung des Werkes „Das Familienbrett Ein Verfahren für die Forschung und Praxis mit Familien und anderen sozialen Systemen“ von Kurt Ludewig (Ulrich Wilken (Hrsg.), Hogrefe- Verlag, 2000 in Göttingen).
Ich kam dazu diese Zusammenfassung zu schreiben, als ich in der praktischen Arbeit der sozialpädagogischen Familienhilfe, vermehrt Situationen wahrnahm, in denen ich die Anwendung einer „Familienaufstellung“ als passend empfand. Ich entschied mich für den Einsatz des Familienbrettes und verfasste mir als Leitfaden zur Handhabung folgende Stichpunkte aus der genannten Literatur und dem Wissen, aus meiner Ausbildung zur Systemischen Familienberaterin, sowie eigener Ideen und Gedankengängen.

Das Familienbrett gilt als „Miniaturversion einer Familienskulptur“ und stellt einen wichtigen Bestandteil im Repertoire einer systemischen Beratung.

Zunächst kläre ich die Familie über die Hintergründe des Methodeneinsatzes des Familienbrettes auf. Bei manchen Familien ausführlich, bei anderen nur knapp. So wie es mir situationsbedingt passend erscheint.

Warum nutzen wir das Familienbrett?
Es geht um die Reduktion von Komplexität. Das unendlich vielfältige Interagieren in einer Familie wird auf einen Punkt gebracht und kann von dort aus betrachtet werden.
Die dargestellte Situation kann in Ruhe von allen Beteiligten beobachtet und durchdacht werden, vielleicht können sogar abgebildete Auslöser für Gefühle identifiziert und nachempfunden werden.
Als Beraterin stelle ich den Rahmen der Kommunikation über diese generierten Informationen, die wahrscheinlich zum ersten Mal versprachlicht werden.
Zirkuläre Fragen können an dieser Stelle helfen die Informationsgewinnung noch zu steigern und noch mehr Transparenz und Plastizität herzustellen.

Das Familienbrett macht soziale Zusammenhänge, in der Familie, für jeden sichtbar, ebenso Beziehungsstrukturen und Funktionalitäten.

Ein bestimmtes Thema für die Familienaufstellung könnte sinnvoll sein. Wenn es zu der Familie und Situation passt könnten Themen wie folgt klingen: „Soziale Beziehungen in der Familie“, „Das Kind im Krankenhaus“, „Das Kind könnte Inobhut des Jugendamtes genommen werden“...

Durch das Sprechen über die erkennbaren Beziehungsmustern entstehen Geschichten. Durch den gegenseitigen Abgleich des eigenen Bewusstseins mit den anderen kann das Konstruieren der gemeinsamen Familiengeschichte gefördert werden und das Zugehörigkeitsgefühl wird dadurch gestärkt.


Was bedeuten die Figuren beim Familienbrett?

Die Runde Figur gilt oft als weiblich. Sie kann aber auch anders interpretiert werden, z.B. „weich“, „ansprechend“, „geschmeidig“...
Die große Figur steht geläufig für erwachsen. Andere Auslegungen sind möglicherweise: „mächtig“, dominant“...

Die räumliche Entfernung der Figuren bringt die „soziale/emotionale Distanz“ zum Ausdruck. Die Augen der Figuren machen den Einsatz von gezielter Blickrichtung möglich. So kann die „Beziehungsintensität“ dargestellt werden. Auf diese Weise können auch Atrribute wie „interessiert“, „symphatisierend“... verdeutlicht werden.

Figuren die kreisförmig zueinander stehen sagen oft aus, dass sie zusammengehören, gleichberechtigt sind und in Harmonie leben.

Grenzen des Familienbrettes:
Es kann sich alles zwischen den Aufstellungsextremen „Idealbild“ (Anordnung überwiegend im Kreis) und „Schreckensvision“ (die Figuren sind voneinander abgewandt im maximalen Abstand zueinander).

Eine Idee dazu ist, die Familie 3 Aufstellungen machen zu lassen. Neben der tatsächlich konstruierten Version eben noch die ideale Vorstellung der Familie und die schrecklichste.
Die entstehenden Differenzen der „richtigen“ Aufstellung zu den anderen beiden können wichtige Hinweise auf die Ressourcen der Familie hervorbringen.

Auch üblich: Aufstellung „Heute“ und „Zukunft“ (.. der Familie).

Konkrete Anleitung zur Aufstellung durch die Familie:
Die Familie entscheidet, wer zu ihrer Familie gehört. Es können unter Umständen Haustiere oder unverwandte Personen dazugehören. Das System Familie definiert selbst, wer zu ihrem Sytem gehört- andere Systeme werden als solche wahrgenommen und beobachtet.
(Differenz: System/Umwelt)



In der beraterischen Begleitung der Kommunikation bin ich in der Literatur auf folgende Aspekte der Informationsgewinnung gestoßen.

  1. Metrischer Aspekt: Wieviele Figuren wurden ausgewählt und welche? In welcher Entfernung stehen sie zueinander?
  2. Struktureller Aspekt: Die räumliche Struktur der geleisteten Aufstellung. Wie, und in welchem Rahmen, stehen die Figuren zueinander?
  3. Semantischer Aspekt: Hier wird die Bedeutung zu Thema, die die Familie oder der Einzelne in der Aufstellung sieht. (z.B.: „Ablösesituation“, „Zusammengehörigkeitsgefühl“..)
  4. Pragmatischer Aspekt: Hier geht es um die Bewertung des Inhaltes der Aufstellung am Familienbrett. Ist das Ergebnis für die Familie problematisch?

Eine zweite Ausführungshilfe wurde in der selben Abhandlung aufgeführt:

A) Bei wiederholter Aufstellungsarbeit: Welche Veränderungen sind sichtbar? (Und unsichtbar?), hat sich die Anzahl der Figuren geändert? Andere strukturelle Merkmale haben sich verändert?
B) Kommunikation über die inhaltliche Aussage der Aufstellung
C) Beschreibungen der Bedeutsamkeit der inhaltlichen Aussage
D) Besonderheiten der Aufstellungen
E) Interpretationen
F) Selbstbeurteilung

Am Ende einer Sitzung in der das Familienbrett eingesetzt wurde, muss der Berater/die Beraterin die Probanden aus der Situation soweit wie möglich rausholen und in die aktuelle Situation versetzen.
An dieser Stelle kann das Formulieren von Zielen für die Familie und den Einzelnen möglich und passend sein.

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